es ist eine grosse
mittelsteile
und ziemlich breite
gepflasterte rampe
ein weg
zwischen den welten
links die gepflanzten zuchtsträucher,
gleich daneben: vierspuriger verkehr, zweispurige obenfahrende u-bahn
rechts drei kleine bäume und danach eine halbhohe geländermauer
mit dem privileg der nächtlichen neonbeleuchtung
oh du mein windkanal!
fussgänger, kinder, radfahrer (verbotenerweise!), ab und zu ein betriebsauto
viele schultaschen, kleine koffer, einkaufstaschen,
turnschuhe, stiefel, sandalen, schlapfen, kinderwägen
schieben sich hier in die eine oder
in die andere richtung
mit oder gegen den wind
meistens schnell
weil es der übergang ist
der übergangsweg
zwischen den terminen
zwischen den welten
zwischen drinnen - dem gelände
und draussen - der freiheit
der windkanal hilft und vertreibt das chaos
ordnet die gedanken
achtung: das betreten des windkanals erfolgt auf eigene gefahr und kann die durchlüftung des gehirns und der gedanken bewirken!
espressogossip - 14. Mär, 21:32
er ist da und hat aufgaben zu vergeben
und ist freundlich rasiert
autonomie, wie immer
der nachbar ist ein ungepflegter, freundlicher alkoholiker
bequem für die anderen, wie immer
ein schneller abschied von der familie
ein hinauszögern beim hinausgehen aus dem bau
und noch ins internet, free
draussen ein schatten hinter dem rosenbusch, noch ohne blätter,
auf der anderen seite
ihr täglicher weg läuft längs der aufgestellten mistkübel
um die ecke beim grossen aschenbecher
schräg über den rasen, über die strasse, über den gepflasterten gehsteig, manchmal über den zebrastreifen, manchmal über den zweiten,
zwischen der hecke durch
die piste runter in die andere welt
mit dem einkauf in der hand nimmt sie den schatten wahr
hinter dem rosenbusch, noch ohne blätter
mit ihrer augenwinkelautomatik
beim abbiegeaschenbecher angekommen hört sie den pfiff von drüben und weiss, dass er ihr gehört,
der weisse schatten im der dunklen kapuze
autonomie, wie immer
espressogossip - 7. Mär, 01:19
der lkw hupt wie das horn eine schiffes von der strasse herein
die taube erschrickt, hebt ab und schwebt weiter als möwe
über die dächer des grossen hofes
das rauschen der meereswellen ersetzt den autolärm
der vierspurigen ausfahrtsstrasse und lässt die stadt vergessen
für zehn sekunden
espressogossip - 24. Apr, 16:31
das wird ein langer abschied, sagt er
Und wir tun so, als ob wir es nicht gehört haben
sie sagt, es wird ein schwieriges jahr
alte ängste kommen nochmal hoch
die trauer ist immer da
wir sehen gern das alte schöne
wir schaffen gern das neue schöne
mit grosser kraft
Ipak - Trotzdem
melancholie ist nicht drin
es ist ein langes jahr
intensiv auf allen ebenen
wir wollen, dass es schnell vorüberzieht
es tut uns den gefallen nicht
der kaugummi wird immer länger
nur der knall der zerplatzenden gummiblasen lässt uns lächeln
espressogossip - 2. Apr, 01:38
leitmayer und bratic lösen einen ganzen abend ihre 45-jahr-jubiläums-fälle
jebo te!
sagt bratic, als er ins loch fällt
ich fick dich!
und meint im deutschen: scheisse!
dazwischen ein kitschiger deutscher liebesfilm
tränenbäche an der kalten schneeluft,
als sie tanzen - das baldige liebespaar im tv
kitsch pur!
grosse liebe
schmerz
erinnerungen
fragen
war es je abwendbar?
es regnet in strömen im fernsehn
da fallen die tränen nicht auf
noch lebt er, sagt bratic
hand in hand, finger in finger bis zum einschlafen
da sein bis zum aufwachen
espressogossip - 3. Jan, 20:44
nur aus einem fenster konnte er es sehen
das parkende auto gegenüber
es war rot oder?
er lief extra hinauf
angst auf jeder stufe
es waren viele stufen
und der lange gang
und dann das kalte zimmer
die schmutzigen fenster
ja
das rote auto stand
dann
ein versammlungsritual zur begrüssung
dann
monsterallein
lieb schön brav u zu diensten ist pflicht
und
nichts sagen
es ist ohnehin alles nicht wahr
immerhin hatte er sich selbst auf das böse vorbereitet
die nichthilfe wird auf ewig ein rätsel bleiben
espressogossip - 6. Dez, 08:33
die hände sprechen
miteinander
oder nicht
eine zehntelsekunde zu lange
verbleiben die finger
in der fremd-vertrauten hand des anderen
bei der übergabe des kaugummis
die hände besiegeln den neuen pakt
eine zehntelsekunde lang
gefühlt
zehn minuten
espressogossip - 2. Dez, 08:00
es ist dunkel und warm am gang.
ein moped hupt von der vierspurigen strasse durch den grossen, grünen hof zum fenster im 6. stock.
herbstlaubbäume und gegenüberfenster schauen neugierig ins dunkel herein.
der sessel wartet aufs runtergetragen werden in den letzten keller.
er ist bequem, es ist warm, still und dunkel.
zehn minuten kein aufzug und kein ganglicht.
jetzt müsste meditation schön sein, wenn man es beherrschte.
knapp dran, ohne es gelernt zu haben.
nur die zwei gespiegelten ganglichtschalter der zwei gespiegelten wohnungen leuchten rot.
die beiden roten punkte, sie leuchten einander an.
wie immer.
espressogossip - 30. Nov, 08:00